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Hin und wieder werde ich gefragt, wie ich denn schreibe - nutze ich die "altmodische" Variante und schreibe auf Papier oder wähle ich doch lieber die "moderne" digitale Variante?
Dazu kann ich sagen, dass ich beide Varianten sehr gerne nutze. Wenn ich etwas neues beginne, fange ich immer mit einem Blatt Papier oder einem Notizbüchlein an. Das ist 1. tragbar und 2. persönlicher. Je weiter die Geschichte aber voranschreitet und je mehr ich überlege, Änderungen anzubringen, desto mehr steige ich auf die digitale Variante um und tippe erstmal alles bis dato Geschriebene ab.
Ich beginne dann auch gleich schon mit der ersten Überarbeitung - in der Regel setze ich meine Schreibarbeiten ab diesem Schritt dann nur noch digital fort.
Erst einmal sammel ich wochenlang - manchmal auch Jahre im Voraus (falls während eines bestehenden Projekts Ideen für ein neues entstehen) - Notizen zu einer Idee. Ich arbeite nie an zwei Projekten gleichzeitig (und verstehe auch nicht, wie andere das können), sondern gebe einem Projekt meine ganze Aufmerksamkeit, all meine Liebe, bis es abgeschlossen ist. Erst dann beginne ich etwas gänzlich neues, z.B. auf den zuvor "übriggebliebenen" Ideen.
Ich überlege, mit was sich diese Ideen verbinden lassen (das bringt dann auch oftmals gleich wieder neue Ideen mit sich) oder ich betreibe einfach Recherche zu Orten, Wesen oder bestimmten Gegenständen, die mich faszinieren/über die ich vielleicht gerne schreiben möchte; Orte, an denen meine Geschichte spielen soll. Ein Beispiel - weil ich diese Gegenstände für 'Die Tränen der Einhörner' recherchiert habe - nenne ich jetzt mal den Heiligen Gral und die Büchse der Pandora, usw.
Recherche ist besonders wichtig, wenn eure Geschichte in einem Land spielt, das wirklich existiert (hat), denn die dortigen Gepflogenheiten unterscheiden sich in der Regel sehr vom eigenen Land, z.B. Schule, Verhalten/Kleidung, die Landschaft, das Klima, usw.
Bevor ich aber an die Charakterentwicklung gehe, lege ich den roten Faden der Geschichte fest; noch keine Details, nur das Grundgerüst, worum es eigentlich gehen soll. Im Nachhinein wird sich sowieso vieles (oder sogar alles?) wieder ändern, jedenfalls passiert mir das immer wieder, denn die Geschichten und die Charaktere leben. Ich lege mich auf etwas fest, aber je weiter die Geschichte und die neuen Ideen fortschreiten, umso mehr verändert sich alles und weicht von der Grundidee ab (die in der Regel auch nur sehr grob gehalten wurde). Lasst euch davon aber nicht entmutigen, im Gegenteil, lasst der Geschichte ein Stück weit Raum sich zu entwickeln.
Manche sagen, man soll beim roten Faden bleiben, ich bin aber eher der Meinung, Änderungen des roten Fadens zuzulassen, weil sie die Geschichte dann doch interessanter gestalten. Der rote Faden ist für mich eine Leitlinie - etwas das verändert werden kann; definitiv nichts Endgültiges. In meinem Fall - z.B. Die Tränen der Einhörner - ist die Geschichte dadurch um ein vielfaches komplexer und fantastischer geworden. Ich bin mit diesem Ergebnis um einiges zufriedener als mit der ursprünglichen Idee ☺
Aus diesem Grund verfasse ich mein Exposé auch erst, wenn die Story komplett ist (vielleicht aber auch, weil ich Exposés überhaupt nicht leiden kann?). Ich hab immer das Gefühl, dass durch dieses "nur das Wichtigste zusammenfassen" die eigentliche Story viel zu kurz kommt, und jedes Mal, wenn ich ein Exposé in die Finger kriege und lese, frage ich mich, wie viel der Story hier auf der Strecke bleiben musste ...
Anleitungen, wie ein Exposé verfasst werden sollte, finden sich ja genug im Internet, dazu werde ich an dieser Stelle also nichts sagen.
Für die Charaktere mache ich mir, nachdem ich das Grundgerüst der Geschichte beschrieben habe, einige Notizen über dessen/ihren Charakter, positive und negative Eigenschaften, das Aussehen, die Rasse, vielleicht auch ein paar Ideen was die Vorgeschichte angeht - diese Ideen kommen mir in der Regel aber erst im Verlauf der Geschichte, wenn ich selbst die Charaktere besser kennen lerne. Manche sind anfangs doch etwas scheu ... ☺
Es heißt ja immer, der Autor ist der Gott jener Welt, die er erschafft. Er hat die Kontrolle über seine Charaktere. Ich hab dieses "Gottsein" nie so gefühlt, da meine Charaktere doch immer wieder begonnen haben, ein Eigenleben zu entwickeln und Dinge taten, die für sie zwar charakterlich in Ordnung waren, aber so nicht auf meinem Plan standen - Team Free will eben ☺
Alles in allem: Eine gute Geschichte braucht viel Zeit! Sie entsteht nicht über Nacht (die Idee dazu vielleicht schon!). Menschen, die meinen, innerhalb von 2 oder 3 Wochen 100 A4-Word-Seiten tippen zu müssen, um die Geschichte dann als komplett und abgeschlossen zu betrachten - bereit zur Vermarktung ohne weitere Korrekturen - liegen falsch. Mag durchaus sein, dass es die ein oder andere Ausnahme gibt, mir ist aber noch keine untergekommen.
Auch wichtig: Man wird es nie schaffen, alle Fehler auszumerzen. Auch in meinen lektorierten Texten finde ich immer wieder Fehler, das lässt sich nicht vermeiden. Auch die Lektoren sind nur Menschen. Ich weiß, für einen Perfektionisten ist sowas schier nicht zu ertragen, trotzdem muss man in gewisser Weise ein Auge zudrücken und sich immer vor Augen führen: Auch bei den großen Verlagen finden sich Fehler in den Büchern.
Trotzdem ist es essentiell, seine Arbeit selbst mehrfach durchzuarbeiten und vor allem zu ÜBERarbeiten. Hin und wieder schleichen sich nämlich auch Logikfehler ein und die kann man auf diese Weise herausfiltern und korrigieren (in der Hoffnung, dass sich hierdurch nicht die folgende Story verändern muss – ja, ich hatte dieses Problem auch schon, glücklicherweise betraf die Änderung aber nur wenige Seiten, weil ich zwischendurch immer wieder von vorn anfange zu lesen und es deshalb rechtzeitig bemerkt habe) ☺